Schneiden, Schweißen und additiv fertigen mit einem Laser in einer Maschine – diese Innovation, die der blechverarbeitenden Industrie bedeutende Produktivitäts- und Qualitätsvorteile verschafft, steht im Mittelpunkt des NRW-Leitmarkt-Projekts MultiPROmobil. Vier Partner entwickeln darin multifunktionale Laserwerkzeuge, um die wechselhaften produktions-technischen Herausforderungen neuer, elektromobiler Fahrzeugkonzepte zu beherrschen. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT koordiniert das Vorhaben, das am 15.11.2018 startete und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen anspricht.
Schnell wechselnde Produkte, schwankende Losgrößen und neuartige Fertigungskonzepte: Im hybriden Leichtbau und bei der Elektromobilität ist ein Spagat zwischen Flexibilität und Produktivität gefragt. »In volatilen Märkten ist die Lasertechnik im Zusammenspiel mit der Digitalisierung dabei eine prädestinierte Lösung für eine wirtschaftliche Produktion«, erklärt Dr. Dirk Petring, Gruppenleiter Makrofügen und Schneiden am Fraunhofer ILT und Koordinator des Verbundprojekts »Multifunktionale Robotertechnologie mit universellem Laserwerkzeug für trennende, fügende und additive Fertigungsprozesse im semi-bionischen E-Mobil-Leichtbau – MultiPROmobil«.
Cleverer Kombikopf: Wirtschaftlichkeit dank Laser und Roboter
Gemeinsam mit der Bergmann & Steffen GmbH, der CAE Innovative Engineering GmbH und dem Laser Bearbeitungs- und Beratungszentrum (LBBZ GmbH) entwickelt das Fraunhofer ILT einen multifunktionalen Laser-Bearbeitungskopf und eine Robotertechnologie für die flexible und wirtschaftliche Fertigung von Blechbaugruppen.
Zum Einsatz kommt ein Kombikopf der Laserfact GmbH, den die Wissenschaftler in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt haben. Dieser soll zukünftig nicht nur das integrierte Schneiden und Schweißen sondern auch das Generieren von additiven Strukturen ermöglichen. Letzteres funktioniert bereits mit einem austauschbaren Düsenmodul. Aktuell arbeiten die Projektpartner daran, den Kombikopf so zu optimieren, dass er alle drei Prozesse in einer Fertigungsanlage im »fliegenden Wechsel« ausführen kann – ohne Optik- und Düsenwechsel.
Im Fokus steht zudem die Entwicklung einer intelligenten Auslegungs- und Simulationssoftware für eine optimierte Prozesskette. Mit »Digital Twins« werden Maschinen, Prozesse und zu fertigende Bauteile vom Projektpartner CAE Innovative Engineering digital abgebildet, sodass sich Kennwerte für die Prozessketten ermitteln und verbessern lassen.
Auf Basis der hochflexiblen Prozesskette legen die MultiPROmobil-Partner neue Fahrzeugkomponenten digital aus und erproben und bewerten die entwickelte Technologie. In einer industriellen Umgebung beim Projektpartner LBBZ wird ein Roboter, der alle drei Fertigungsdisziplinen beherrscht, semi-bionische Fahrzeugstrukturen per Laser fertigen. Als erstes Anwendungsbeispiel wird der Dreieckslenker eines Elektrofahrzeugs konstruktiv optimiert und in der multifunktionalen Laser-Roboterzelle ohne Werkzeugwechsel geschnitten, geschweißt und mit additiven Strukturen verstärkt. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei der Flexibilität der Spanntechnik zu, die von der Bergman & Steffen GmbH entwickelt wird. Zukünftig sollen je nach Baugruppengröße und erforderlicher Taktzeit auch mehrere multifunktionale Roboter in hochflexiblen Fertigungszellen zum Einsatz kommen.
Lasergestützte Fertigung für mehr Effizienz und weniger Kosten
Die Projektpartner prognostizieren eine Steigerung der Engineering-Effizienz und eine Reduzierung der Inbetriebnahmezeiten jeweils um etwa 30 %. Zudem wollen sie die Stückzahlkosten und den Ressourcenverbrauch je um mindestens 20 % reduzieren. »Mit der agilen, lasergestützten Fertigung lassen sich Prozessketten für die Herstellung von Blechbaugruppen mit Blick auf die schrittweise Einführung der Elektromobilität sehr flexibel und skalierbar gestalten«, so Dr. Petring.
Die am Fraunhofer ILT erfundene Technik mit dem Kombikopf von Laserfact kommt in der Industrie bereits zum Einsatz, beispielsweise beim Zuschneiden und Verschweißen von Bandenden in Beschichtungs- und Inspektionslinien der Stahlindustrie sowie in der Fertigung von hochpräzisen Metallbaugruppen. MultiPROmobil spricht mit der Weiterentwicklung des Kombikopfes nun insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen an, die einen wichtigen Beitrag zum Zukunftsmarkt der E-Mobility leisten.
Das Projekt MultiPROmobil mit Laufzeit von drei Jahren wird durch das Fraunhofer ILT koordiniert und aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes NRW gefördert.
Das Fraunhofer ILT auf der LASER World of PHOTONICS 2019
Nähere Informationen zu MultiPROmobil und weiteren aktuellen Entwicklungen bekommen Besucher am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand, Halle A2.431 auf der LASER World of PHOTONICS in München vom 24. bis zum 27. Juni 2019.
Dieses Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.